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Eine ziemlich nachhaltige Einmischung

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Wenn der Junge das Telefon abnimmt, meldet er sich mit seinem vollen Namen. Manche Anrufer, die seine Mutter sprechen wollen, sind belustigt und ahmen ihn nach, als hätte der Junge in kindlicher Selbstverliebtheit etwas gesungen, das einzärtliches Echo verdient. Wenn er seinen ganzen Namen ausspricht, kommt er auf neun Silben. Sie haben nicht nur Klang, sondern auch Rhythmus. Wie eine Wellenbewegung. Aber das ist nicht der Grund, warum er den Mund so voll nimmt; es ist der Versuch, sein Schicksal abzuschwächen. Sein zweiter Vorname, das ist seine Hoffnung, soll die Exotik seines ersten Vornamens mildern: Ijoma Alexander Mangold.

Wenn man es so betrachtet, steht es eigentlich zwei zu eins für Deutschland. Aber nur, wenn es ihm gelingt, den anderen die Existenz seines zweiten Vornamens in Erinnerung zu rufen.

Er dringt mit seinen Versuchen nicht wirklich durch. Obwohl sein zweiter Vorname auf offiziellen Dokumenten, zum Beispiel auf Sporturkunden, auftaucht, wird ihm nicht dieselbe Bedeutung zugemessen wie seinem Rufnamen. Kein Zweifel, die Erwachsenen sind der Überzeugung, dass Ijoma der Name ist, der den Jungen am besten bezeichnet – obwohl alle erst einmal über diesen Namen stolpern. Das Stolpern löst bei ihm Schamgefühle aus. Das scheint die anderen nicht zu stören. Es scheint ihnen sogar ein besonderes Vergnügen zu bereiten, die unalltägliche Schönheit seines Vornamens zu preisen; wenn der Junge dem folgen wollte, müsste er sich glücklich schätzen, nicht Matthias, Andreas oder Oliver zu heißen.

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